Die Bezeichnung Château
für eine Immobilie ist nicht nur im Deutschen in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Tatsächlich ist der Begriff in vielen Ländern weltweit bekannt. Der Ausdruck wird vom lateinischen Wort „castellum“ abgeleitet, das „kleine Festung“ bedeutet. Im Gegensatz zu einem Château médiéval, bei dem der wehrhafte Charakter maßgeblich zum Gesamteindruck beiträgt, steht das typisch französische Château für die Verkörperung der herrschaftlichen Lebensart, bei der der Aspekt der Verteidigung keine Rolle mehr spielt. Der repräsentative Umbau mittelalterlicher Burgen zu prachtvollen Residenzen erreichte in der Renaissance seinen Höhepunkt. Das Tal der Loire mit seinen rund 300 Schlössern vermittelt den umfassendsten und besten Eindruck von der Architektur und Opulenz eines „echten“ Châteaus in Frankreich.
Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern werden häufig auch ländliche Gutshöfe (Domaine), Herrenhäuser (Manoir) und große, repräsentative Wohnhäuser als solche bezeichnet.
Hôtel Particulier Stadtpalais, Stadtschloss oder elegantes Stadthaus
Als eine Sonderform des Châteaus gelten städtische Bauten, die in Merkmalen und Gesamterscheinung einem solchen ähneln. Die Bezeichnung Hôtel Particulier wird im Französischen für ein prächtiges Stadthaus verwendet, das in der Regel einst von Adeligen, hohen Beamten oder wohlhabenden Bürgern bewohnt wurde. Der Begriff „hôtel“ bedeutet ursprünglich Herrenhaus oder Wohnsitz, während „particulier“ für persönlich oder privat steht. Im Gegensatz zu öffentlichen Repräsentationsgebäuden oder kommerziellen Hotels handelt es sich dabei klar um Privatresidenzen
Diese Art Häuser sind bis heute charakteristisch für französische Städte. Sie wurden ab dem 16. Jahrhundert bis in das 19. Jahrhundert hinein in den zentralen und noblen Vierteln der Städte errichtet und verkörpern durch ihre spezielle Architektur Eleganz, Wohlstand und den sozialen Status ihrer Besitzer. Sie liegen meist von der Straße zurückversetzt und der Hof wird durch ein mächtiges Tor betreten, welches zum Hauptgebäude führt. Typischerweise wurde der Grundriss um einen oder sogar mehrere Innenhöfe angelegt und erschuf mithin sowohl Räume für Gäste und offizielle Anlässe, als auch private Bereiche.
Während der Renaissance waren Pilaster und rustizierte Sockelgeschosse charakteristisch, im Jahrhundert des Barock zierten dekorative Skulpturen die Fassaden. Die hohen Innenräume mit den kassettierten Holzdecken wurden durch Stuck, Fresken und opulente Möbeln aufgewertet. Die Hôtels Particuliers des 18. Jahrhunderts repräsentieren die Leichtigkeit und Verspieltheit der Rokoko-Architektur, wir finden zartere Farben und filigrane vergoldete Ornamente.
Die Architekten der späten Stadtpalais aus dem 19. Jahrhundert kehrten im Klassizismus zu den klareren Formen gemäß der antiken Vorbilder zurück, die Fassaden beeindruckten nun mit einer schlichten Eleganz, ebenso spiegelten die neu gestalteten Interiors den Geschmack der Zeit.
Interessant ist, dass viele Hôtels Particuliers trotz der (inner)städtischen Lage umgeben sind von privaten Gärten und kleinen Grünanlagen, welche bis heute Oasen der Ruhe im oft geschäftigen Umfeld sind.
Sie haben nicht selten eine bedeutende Rolle in der französischen Geschichte gespielt, waren Schauplätze politischer Intrigen und gesellschaftlicher Veränderungen, insbesondere während des Ancien Régime und der Französischen Revolution.
Wunderschöne Beispiele für diese herrlichen Stadthäuser sind das öffentlich zugängliche Hôtel de Sully im Stil Louis XIII oder das Musée Carnavalet, beide zu finden im mondänen Pariser Stadtviertel Marais.